PM: Nein zu Präsenzklausuren!

Ganz der Wissenschaft verpflichtet, startet die Leibniz Universität Hannover (LUH) im März ein großangelegtes Experiment: Rund 30.000 Studierende werden zur Uni Hannover reisen und ihre Prüfungen ablegen. Endlich ein bisschen Normalität. Nur normal ist hier nichts: Auch nach einem Jahr in der Pandemie schafft es die LUH nicht, Klarheit in die Prüfungssituation zu bringen.

Für Studierende ist die aktuelle Situation mit einer immensen Mehrbelastung verbunden, da keinerlei Planungsmöglichkeit besteht. Stattdessen müssen diese oftmals kurzfristige Änderungen, Absagen oder Verschiebungen von Prüfungen hinnehmen, da scheinbar größerer Wert auf die Verwaltung des Prüfungschaos‘ gelegt wird.  „Studierende tappen weiterhin im Dunkeln und müssen auf Abruf ihr Gelerntes bereitstellen können. Angesichts der ohnehin schon großen Last durch Corona und der Eigenarbeit in der Isolation, ist das Schweigen des Präsidiums zur Prüfungssituation nicht auszuhalten.“, kommentiert Tobias Kiene, Pressereferent des AStA der Uni Hannover.

Andere Hochschulen (z.B. Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) sollen bei der Umsetzung der Präsenzklausuren als Vorbild dienen. Der Vergleich hinkt jedoch:
Aktuelle Inzidenzwerte von unter 39 (LK Oldenburg) entgegen derer der Region Hannover (110) und der umliegenden Landkreise (z.B. LK Sehnde: 172)1. Auch die häufig diskutierten Mutationen des Corona-Virus zeigen sich in Hannover vermehrt. So sind in der Region Hannover 40% der Infektionen auf mutierte Varianten zurückzuführen2.

Viele Studierende mussten aus finanziellen Gründen ihren Wohnort zurück in ihre Heimat verlegen. Dies bedeutet somit auch, dass eine Anreise meist über den ÖPNV stattfindet und daher sogar landes- und bundesweite Auswirkungen haben könnte. Eine von Studierenden initiierte Umfrage an der Leibniz Universität macht deutlich, dass die Absage der Präsenzklausuren für einen Großteil mit erheblichen Schwierigkeiten und Unsicherheiten verbunden ist. Viele geraten zunehmend an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Um die Situation endlich hinter sich zu bringen, würden viele Studierende sogar trotz vorhandener Symptome zu einer Klausur erscheinen.

Durch das Kommunikationsversagen der LUH, verbunden mit der mangelnden finanziellen Unterstützung durch Bund und Land, wurde eine Generation seelisch erschöpfter Studierender geschaffen.
„Wir fordern die Absage der Präsenzklausuren. Dies tun wir nicht, um uns einen Vorteil zu verschaffen. Wir sind schlicht und einfach der Überzeugung, dass die momentane Situation keine Sicherheit für uns und vor allem für unser Umfeld zulässt.“, stellt die Sozialreferentin Antonia Otte klar. Den Studierenden der LUH wurde viel zugemutet mit dem Ziel, aus Solidarität der Gesellschaft gegenüber das Pandemiegeschehen zu beherrschen. In einer kritischen Phase, in der niemand genau weiß, was die Ausbreitung der britischen Corona-Variante in Hannover für die zukünftigen Maßnahmen bedeuten wird, hielten wir es für unverantwortlich, aus Bequemlichkeit zu einer Pseudo-Normalität zurückzukehren. Einige Dozierende nutzen bereits erfolgreich alternative Prüfungsformate. Wir fordern das Beibehalten der bisherigen Prüfungstermine unter Nutzung dieser alternativen Konzepte, wie man es von einer Innovationstreiberin wie der LUH erwarten kann.

„Solidarisch das Virus zu bekämpfen sollte für die LUH heißen, das Überprüfen der Lehrinhalte so zu gestalten, dass Studierende risikofrei an diesen teilnehmen können. Uns vor die Wahl zu stellen, Bildungserfolg mit unserer Gesundheit oder der Gesundheit unserer Nächsten abzuwägen ist nicht nur ethisch zu verurteilen, sondern ein Risiko für Bund und Land.“, merkt Uğur Doğanay, Student der Sozialwissenschaften, an. Zur Bekämpfung der globalen Pandemie erwarten wir die Mitarbeit der LUH. Die falsche Sicherheit veralteter Hygienekonzepte darf nicht die Antwort sein auf die Frage, wie Studieren unter derzeitigen Pandemiebedingungen funktionieren kann. Auch das Aufschieben von Prüfungen auf die kommende Vorlesungszeit, aufgrund von Spekulationen zu vermeintlich sinkenden Inzidenzwerten, entspricht nicht unseren Forderungen. Der Ausbruch der Pandemie ist nun über ein Jahr her und es ist erschreckend, dass die LUH immer noch keine für alle Studierenden geltende, risikofreie Antwort auf diese Frage bietet. Im Gegenteil: Leichtfertig wird über Leib und Seele der Studierenden entschieden, wenn sie sich genötigt fühlen, an Präsenzklausuren teilzunehmen.

1: Stand 22.02.2021 https://www.corona-in-zahlen.de/landkreise/

2: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Corona-Mutationen-771-Faelle-in-Niedersachsen-nachgewiesen,mutationen110.html


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