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Pressemitteilung: EU-Gerichtshof: Ausweisungspraxis deutscher Behörden ist rechtswidrig

Am 17. Juli 2014 entschied der EU-Gerichtshof, dass die Abschiebehaft in regulären Gefängnissen rechtswidrig ist – die bevorstehende Abschiebung ist kein Verbrechen und darf daher auch nicht als solches behandelt werden. Damit ist belegt, dass die seit Jahren übliche Praxis deutscher Behörden bei Abschiebungen gegen internationales Recht verstößt. PRO ASYL fordert nun die sofortige Freilassung aller Gefangenen. Auch der am 12. Juni 2014 nach Italien abgeschobene Salah A. wurde, bis zu seiner Zwangsausreise, 15 Tage in der JVA-Langenhagen untergebracht.

Der sudanesische Flüchtling, Salah A., wurde am 26. Mai 2014 im Sozialamt Hildesheim verhaftet und in die JVA-Langenhagen verbracht. Ihm wurde vorgeworfen, sich der Abschiebung am dafür vorgesehenen Termin, wenige Tage zuvor, an seinem Wohnort entzogen zu haben. Verschiedenen Zeugenaussagen zur Folge, hielt Salah sich jedoch zum vorgegebenen Zeitpunkt am angegebenen Ort auf. Die zuständigen Beamten erschienen jedoch nicht.

In der Haft trat Salah in Hungerstreik, sein Anwalt Paulo Dias klagte erfolglos vor dem Verwaltungs- und Amtsgericht Hildesheim gegen den unrechtmäßigen Freiheitsentzug. Auch die Bemühungen, den Fall an das Amtsgericht Hannover zu übertragen, scheiterten. Ein Eilantrag an das Bundesverfassungsgericht vom 11. Juni wurde am 12. Juni zwar angenommen, jedoch war es Salah A. nicht möglich, diesen Antrag anzunehmen, da er bereits um fünf Uhr morgens aus der JVA Langenhagen abgeholt und zu seinem Abflug nach Frankfurt gebracht wurde.

Nach dem Urteil des EUGH erklärte nun auch das Verwaltungsgericht Hildesheim die Unterbringung für rechtswidrig. Aus Protest gegen die Abschiebung, traten am 12. Juni 28 weitere Geflüchtete, im Protestcamp am Weißekreuzplatz, ebenfalls in einen 48-stündigen Hungerstreik. Zweifelhaft bleibt auch die Abschiebung nach Rom: Viele deutsche Gerichte sehen inzwischen von einer Abschiebung nach Italien ab, da die Zustände für Geflüchtete dort untragbar sind. Sie sind dort akut von Obdachlosigkeit und Verelendung bedroht. Einem Großteil der Protestierenden im Camp droht nach wie vor das gleiche Schicksal.

Der Sachbearbeiter Anti-Rassismus des AStA der Uni Hannover, Bodo Steffen, schließt sich den Forderungen von PRO ASYL an: „Geflüchtete, die in vielen Fällen ohnehin bereits traumatisiert sind, bis zu ihrer endgültigen Abschiebung in Gefängnissen unterzubringen, ist unmenschlich und mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren.“ Die Behörden täten gut daran, die Gefangenen sofort freizulassen. „Außerdem müssen die Betroffenen für den ungerechtfertigten Freiheitsentzug angemessen entschädigt werden.“

Eine Abschiebung nach Italien scheint unter den gegebenen Umständen ebenfalls untragbar. „Die zuständigen Behörden sollten sich ein umfassendes Bild von den Zuständen in Italien machen, bevor sie derartig schwerwiegende Entscheidungen treffen.“

Für Rückfragen steht Ihnen Bodo Steffen unter der E-Mail Adresse antira [at] asta-hannover.de zur Verfügung.