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Stellungnahme zur Häufung antisemitischer Vorfälle an der LUH

Innerhalb der vergangenen zwei Monate kam es zu verschiedenen antisemitischen Vorfällen auf dem Campus der Leibniz Universität Hannover.
Wir wenden uns mit aller Vehemenz gegen jeden Antisemitismus und halten es für gegeben eine (unvollständige) Chronik dieser Ereignisse zu veröffentlichen:

Oktober, Kesselhaus
Im Vorlesungssaal im Kesselhaus wird ein Tisch mit einem großen Hakenkreuz beschmiert.

Um den 9. November, Conti-Campus:
Auf die Türen der Toiletten im Hochhaus am Conti-Campus werden antisemitische Parolen geschmiert. Der Fachrat Deutsch und Darstellendes Spiel veröffentlicht daraufhin eine Stellungnahme.

Mitte November, AStA:
Im AStA geht ein antisemitischer, holocaustleugnender Brief ein – Absender ist eine, wohl falsche, Adresse in Hamburg. Der Brief geht zeitgleich an den AStA der Uni Freiburg und den Student_innenrat der Uni Leipzig.
In dem Brief wird u.a. „Schluß mit den ‚Wiedergutmachungs’leistungen an Israel“ gefordert, „denn 1. Israel terrorisiert die Palästinenser dauerhaft in völkerrechtswidriger Weise ;
2. wir müssen für etwas zahlen, über das wir nicht reden dürfen – s. Rückseite !“
Auf der besagten Rückseite finden sich dann Holocaustleugnung in Reinform und weitere antisemitische Äußerungen.

November:
Sowohl auf den Toiletten im Verfügungsgebäude, Schneiderberg 50, als auch auf den Toiletten der Bibliothek Sozialwissenschaften tauchen Hakenkreuz-Schmiereien auf.

Sämtliche Schmierereien wurden zeitnah durch Studierende oder die Universität entfernt.

Die Zunahme solcher Vorfälle verweist nicht zuletzt auf die Verschiebung des gesellschaftlich Sagbaren. Antisemitismus ist zwar keineswegs ein neueres Phänomen im postnationalsozialistischen Deutschland, sondern vielmehr eine bittere Kontinuität – dennoch tritt der Antisemitismus in den letzten Jahren wieder zunehmend offen und gewaltvoll auf.
Erst wenige Tage ist es her, dass die EU-Agentur für Grundrechte die Ergebnisse ihrer (nicht repräsentativen) Studie zum Antisemitismus in Europa präsentierte. Knapp 90% der befragten 16 000 Jüdinnen und Juden nehmen eine Zunahme des Antisemitismus in den vergangenen fünf Jahren wahr – außerdem zeigt die Befragung, dass der Antisemitismus dabei den gesamten Alltag durchdringt.

Till Ewald, Referent für Politische Bildung im AStA, dazu:
„Antisemitismus ist gesamtgesellschaftlich auf dem Vormarsch und kann nicht nur am Rande der Gesellschaft verortet werden. Es lässt sich seit Jahren eine zunehmende Unsicherheit unter Jüdinnen und Juden in ganz Europa beobachten – oft werden diese Sorgen jedoch nicht ernst genommen, Überempfindlichkeit unterstellt, oder direkt mit antisemitischen Verschwörungstheorien reagiert. Statt solcher Reaktionen, der bloßen Skandalisierung oder leeren Worthülsen, muss die Gesellschaft sich ernsthaft dieser Problematik annehmen. Eine Möglichkeit einer Uni, die sich zunehmend auf die Ausbildung von Lehrer*innen konzentriert, wäre die feste Verankerung von Lehrinhalten zum Thema Antisemitismus und antisemitismuskritischer Bildungsarbeit.“

Wenn Ihr weitere antisemitische Vorfälle, Schmierereien, etc. erlebt oder beobachtet, meldet Euch bei uns. Bei Schmierereien wenden wir uns an die zuständigen Stellen der Universität, um diese entfernen zu lassen – außerdem geben wir die Information weiter an die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS).
Natürlich gilt unsere Ansprechbarkeit auch für Vorfälle und Schmierereien anderer Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.