Gemeinsam gegen Antisemitismus und autoritäre Tendenzen – In Solidarität mit der Projektstelle Ideologiekritik Münster

Einige Wochen sind vergangen seitdem der eingebrachte „Antrag contra Antisemitismus“ der Juso Hochschulgruppe und der Kritische Linken am 01.02.2021 im Studierendenparlament in Münster angenommen wurde.
Darüber freuen wir uns, doch der Weg dahin war geprägt von antisemitischen und autoritären Anfeindungen seitens verschiedener Hochschulgruppen und Initiativen, zu denen der AStA der Uni Münster nach wie vor keine Position bezogen hat. Wir halten die Positionierung gegen Antisemitismus für unverhandelbar.

Bereits in den letzten Monaten ist der AStA der Uni Münster durch teilweise besorgniserregende Aktivitäten in Erscheinung getreten, zu denen wir uns im Folgenden verhalten möchten.

Zuallererst: Was ist eigentlich passiert?
Im Zuge der Diskussion über die weitere Förderung der Ideologiekritik durch den AStA der Uni Münster Ende letzten Jahres kam es zu autoritär geführten – oder eben nicht geführten – Auseinandersetzungen seitens Teilen des AStAs sowie verbündeter Gruppen.

Der Projektstelle Ideologiekritik wurden nach einer gemeinsamen Veranstaltung mit Koschka Linkerhand Rassismus und Transfeindlichkeit vorgeworfen. Die Projektstelle Ideologiekritik bat um ein Gespräch, um die genannten Vorwürfe aus dem Weg räumen zu können. Doch trotz der vermeintlich klärenden Gespräche wurde im Nachgang an Stelle einer inhaltlichen Auseinandersetzung an den nicht weiter ausgeführten Vorwürfen festgehalten, eine Konkretisierung der Anschuldigungen blieb mit der Begründung, dass die Diskriminierungen reproduziert werden würden, aus.
Zwar wurden also Gespräche zwischen der Ideologiekritik-Projektstelle und Teilen des AStA zugestanden, doch eine inhaltliche Debatte, in der die Projektstelle oder Koschka Linkerhand die Möglichkeit gehabt hätte, sich zu den Vorwürfen zu verhalten und diese zu entkräften, wurde stets abgewehrt. Die Projektstelle wurde insofern systematisch von der Debatte fern gehalten, als AStA-interne Prozesse von einer hohen Intransparenz geprägt waren und die Projektstelle relevante Informationen nicht oder wenn überhaupt verspätet erhielten. Augenscheinlich sollte der Ausschluss der Projektstelle Ideologiekritik unter allen Umständen erfolgen.

Im Laufe der Auseinandersetzung zeigten sich bei einigen Personen aus dem AStA der Uni Münster und deren Umfeld antisemitische Einstellungen. Dieses kam zunächst um die Diskussion um Antisemitismus in postmigrantischen Communities zur Sprache, dann auch in der Debatte im Studierendenparlament über den Antrag gegen Antisemitismus. Hier wurde kein Hehl um die Nähe zu der antisemitischen BDS-Kampgane gemacht, einige positionierten sich gegen das Existenzrecht des Israelischen Staates. Diese katastrophalen Positionen wurden von externen Personen in der StuPa Sitzung unterstützt, die die Debatte mit Kommentaren wie „Fuck Israel“ störten. Dass so etwas überhaupt möglich ist und von einigen Hochschulgruppen wie CampusGrün noch aktiv unterstützt wird, ist für uns unfassbar und sollte Konsequenzen nach sich ziehen.

Vor allem die Haltung, Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen dürfe nicht aus einer analytischen Perspektive, sondern lediglich aus eigener Betroffenheit heraus geübt werden, halten wir für höchstproblematisch. Dadurch wird nicht nur den Betroffenen eine große Last aufgelegt – nämlich alleine gegen ihre Diskriminierung zu kämpfen – sondern sie erhalten damit eine absolute Definitionsmacht, die nicht mal von Personen der eigenen Statusgruppe – wie in Münster geschehen – anfechtbar ist. Dadurch werden Personen ausgeschlossen, die innerhalb marginalisierter Gruppen nicht deren Mehrheitsmeinung vertreten. Sie gelten als „Nestbeschmutzer*innen“, häufig wird ihnen unter dem Vorwurf des internalisierten Rassismus der Subjektstatus abgesprochen und die Argumente damit delegitimiert.
Dies wird insbesondere dann problematisch, wenn innerhalb dieser Gruppen reaktionäre Ideologien, wie zum Beispiel Antisemitismus, Nationalismus oder Islamismus vertreten werden. Darunter leiden meist zu aller erst ebenfalls marginalisierte Personen. Die betroffenen Migrant:innen, Feminist:innen, Queers, und Linken werden gesamtgesellschaftlich diskriminiert und können noch dazu unter Missverhältnissen in ihren marginalisierten Communities leiden. Kritik daran wird oft affektiv und ohne inhaltliche Auseinandersetzung als Rassismus abgetan, wodurch eine autoritäre Machtposition aufgebaut werden kann.

Wir teilen mit der Gruppe Ideologiekritik Münster die Ansicht, dass gesellschaftliche Herrschafts- und Missverhältnisse unabhängig von Identität benannt und kritisiert gehören. Außerdem stellen wir uns entschieden gegen die Versuche, kritisches Denken durch autoritäre Forderungen nach identitärer Eindeutigkeit und kollektiver Zugehörigkeit, einzuhegen. Wir hoffen zukünftig auf eine Diskussionskultur, in der Kritik so formuliert wird, dass sie bearbeitet werden kann, um progressive Diskussionen voranzubringen und gleichsam Zugänge zu kritischer politischer Bildung zu erhalten beziehungsweise möglich zu machen.

Als AStA der LUH rufen wir zur Solidarität mit der ehemaligen Projektstelle Ideologiekritik auf und freuen uns auf weitere, interessante Veranstaltungen und Diskussionen. Vom AStA der Uni Münster erwarten wir weiterhin eine Stellungnahme zu den Geschehnissen.


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